Die französische Hofdegenschule kennt zwei Faustlagen: Supination und Pronation. Bei der Supination zeigt der Handrücken nach unten. Diese Lage wird Quart (franz. quarte, engl.: carte) genannt. In der Pronation oder Terz (franz. tierce, engl. tierce) zeigt der Handrücken nach oben. Aus diesen Faustlagen leiten sich alle Stöße (und Paraden) ab. So wird der Supinationsstoß in die obere Linie auch als Quartstoß (franz. coup de quarte, engl. thrust in carte), der Pronationsstoß in die obere Linie als Terzstoß (coup de tierce, thrust in tierce) bezeichnet.
Das moderne Sportfechten kennt meist nur eine Faustlage. Durch die orthopädischen Griffe ist eine volle Drehung der Hand praktisch nicht mehr notwendig. Die Mehrzahl der Aktionen werden aus der dritten beziehungsweise der dritten-in-vierten Position ausgeführt. Dem Sportechter, der zum Hofdegen greift, stellt sich daher häufig die Frage: Pronationsstoß oder Supinationsstoß? Wann stoße ich Terz, wann Quart?
Liancour erwähnt eine Grundregel: Stöße in die obere äußere Linie werden in Terz ausgeführt. Stöße in die innere obere Linie in Quart. Stöße in die unteren Linien in Seconde. Das ist für ihn allerdings keine absolute Regel, und er nennt gleich eine Ausnahme: Nach der Finte in die innere Blöße mit Umgehung der Quartparade lässt er den Stoß in die äußere obere Linie in Supination ausführen (coup de quarte dessus les armes). Der Vorteil des Supinationsstoßes liegt für ihn in der geraden Linie, die schwerer zu parieren ist. Der Pronationsstoß ist in der Opposition zwar stärker, aber aufgrund des Winkels zwischen Handgelenk und Klinge auch schwerer zu justieren. Da der Fechter beim Stoß nach der Finte ein Tempo Vorsprung hat, ist kein Gegentreffer zu erwarten und daher der Supinationsstoß vorzuziehen. [1]
Girard hält sich an diese Grundregel. In seiner Aufzählung der fünf Grundstöße wird der Supinationsstoß in die obere äußere Linie (quarte dessus les armes) nicht erwähnt:
- coup de tierce in die obere äußere Linie
- coup de quarte in die obere innere Linie
- coup de quarte coupé oder quarte basse in die untere äußere Linie
- coup de seconde in die untere Linie
- flanconnade in die untere äußere Linie.
Die Terzdoppelfinte [2] und die Finte in Seconde [3] lässt Girard aber ebenfalls mit einem Supinationsstoß abschließen.
Angelo fügt einen weiteren Stoß den Grundstößen hinzu: den Stoß in Quart über die Waffe (coup de quarte sur les armes, thrust in carte over the arm, dt. auch Quart über den Arm (J. A. Roux)). Die Finte in die obere innere Blöße mit Stoß in die obere äußere Linie lässt er wie von Liancour empfohlen in Quart ausführen. Die Finte Seconde-Terz wird dagegen in Pronation ausgeführt [6].
Olivier geht noch einen Schritt weiter: Der Terzstoß wird niemals als Angriff verwendet, sondern ausschließlich nach einer Terzparade [4]. Stöße in die obere äußere Linie sind in Quart auszuführen. Selbst nach der Finte in Seconde lässt er den Stoß in die obere Linie in Quart ausführen [5].
Der Vollständigkeit halber sei hier noch die moderne italienische Fechtschule erwähnt: Obwohl die Terzparade und die Terzbindung noch verwendet werden, werden die Stöße in die oberen Linien immer mit der Hand in der vierten Position, also in Supination, ausgeführt. Nur Stöße in die untere äußere Linie werden mit der Hand in der zweiten (Pronation) ausgeführt. [7]
Fazit
Die Quellen lassen vermuten, dass die Terz im Laufe der Zeit (1692-1740-1763-1771) zu Gunsten der Quart an Bedeutung verloren hat. Von Olivier ist es nur noch ein kleiner Schritt, bis auch die Terzparade der parade de quarte au dehors des armes (der äußeren Quartparade) weichen muss, die in der klassischen französischen Florettschule später Sixte genannt wird. Nur die italienische Fechtschule, die noch länger das ernste Duell im Fokus hat, hält bis ins 20. Jahrhundert an der Terz fest.
Was ist das Fazit für den Umsteiger aus dem Sportfechten? Der Supinations- oder Quartstoß kann in die innere wie in die äußere obere Linie gesetzt werden, der Pronations- oder Terzstoß nur in die äußere obere Linie. Der Quartstoß ist vielseitiger und einfacher in der Ausführung. Da die Terzparade aber eine sehr starke Parade ist und ein Wechsel der Faustlagen für die Riposte unnötig Zeit verbraucht, sollte man den Terzstoß nicht vernachlässigen. Als Kompromiss kann man es wie Olivier halten: Terzstoß nach Terzparade, aber Angriffe in Quart.
[1] Liancour, Kapitel V
[2] Girard, S. 49: Double feinte de tierce pour tirer tierce dehors les armes
[3] Girard, S. 62: Feinte basse pour tirer de quarte dessus les armes ou tierce
[4] Olivier, S. 47: How to thrust Tierce
[5] Olivier, S. 65: Of the Feint Seconde-Carte over the Arm
[6] Angelo, Partie 2: Du jeu décisif, Chapitre 1: Des feintes
[7] William Gaugler: Fechten, Zweite Auflage 2004