Quarte Coupée

Einführung

Der coup de quarte coupé dessous les armes, oder kurz quarte coupée, ist einer der Grundstöße der französischen Hofdegenschule. In der klassischen Florettschule taucht er meines Wissens nicht mehr auf. Er ist daher eine Eigenart des Hofdegens. Die Quarte Coupée wird in die untere äußere Linie (die Flanke) gesetzt. Die Hand ist dabei in Supination. Opposition ist nach rechts. Dieser Artikel fasst das Wichtigste zu Ausführung und Anwendung zusammen.

Coupé ist nicht gleich Coupé…

Es gibt zwei Arten von Coupés, die man nicht verwechseln sollte:

  • Die coupés sur la pointe, also die Coupés über die Spitze (engl. cuts over the point).
  • Die coupés dessous les armes, also die Coupés unter die Hand (engl. cuts under the wrist).

Meist ist Ersteres gemeint, wenn man umgangssprachlich von Coupé spricht. Bei der Quarte Coupée handelt es sich aber – wie der lange Name coup de quarte coupé dessous les armes schon andeutet – um ein Coupé unter die Hand.

Coupé über die Spitze (Girard)

Coupé über die Spitze (Girard)

Ausführung

Die Quarte Coupée wird gestoßen, wenn der Gegner in Quart liegt, sei es durch ein Quart­engagement oder eine -parade. Wenn uns der Gegner also in Quart bindet, senken wir die Spitze und wechseln unter der Hand hindurch zur Flanke. Die Hand ist dabei in Supination. Beim Stoßen treten wir etwa eine Fußlänge nach außen (also nach links) aus der Gefechtslinie, ohne dabei den Fuß zu verdrehen. Den Oberkörper beugen wir leicht nach vorne. Die Hand sollte beim Stoßen nicht zu sehr nach unten verlagert werden, damit der Kopf gedeckt bleibt. (Tipp: Beim Stoßen unter dem eigenen Arm hindurch zur Trefffläche schauen!) Unterarm und Waffe bilden einen stumpfen Winkel. Nach dem Stoß sichern wir die gegnerische Klinge in Terz und gehen zurück in die Fechtstellung. Hier noch einmal die wichtigsten Punkte:

  • Gegner bindet in Quart oder pariert Quart
  • Spitze geht unter der Hand hindurch zur Flanke
  • Hand ist in Quart bzw. wird in Quart gedreht
  • Arm und Klinge bilden einen leichten Winkel
  • Oberkörper ist beim Stoß leicht nach vorn gebeugt, damit Kopf gedeckt ist.
  • Hand nicht zu tief!
  • Rechter Fuß tritt etwa eine Fußlänge nach außen (links) aus der Linie.
  • Absicherung: Terz
Quarte Coupée

Heraustreten aus der Linie bei der Quarte Coupée (Angelo)

Quarte over the arm

Zum Vergleich: Quarte über den Arm (Angelo)

Anwendung

In welchem taktischen Kontext können wir die Quarte Coupée anwenden? Der Gegner sollte in Quart liegen, also engagieren, parieren oder zum Stoß ansetzen. Dadurch ergeben sich u. a. folgende Situationen:

  • Der Gegner engagiert in Quart.
  • Der Gegner wechselt von Terz nach Quart.
  • Der Gegner stößt Quart innen.
  • Wir fintieren innen, um den Gegner zu einer Quartparade zu veranlassen.
  • Wir haben einen Quartstoß innen mit der Quart pariert. Der Gegner geht zurück in die Fechtstellung und sichert unsere Klinge dabei in Quart.

Quarte Coupée ins Quartengagement

Wir stehen in Terz- oder Quart über den Arm außerhalb der Mensur. Der Gegner engagiert in Quart und tritt dabei in die Mensur. Ins Tempo stoßen wir Quart Coupée, sichern die gegnerische Klinge in Terz, setzen einen Stoß in Seconde nach und gehen zurück in Fechtstellung. Sollte der Gegner nachstoßen, sichern wir mit der Halbkreisparade und brechen die Mensur.

Quarte Coupée beim Wechsel von Terz nach Quart

Wir engagieren die gegnerische Klinge in Terz und treten dabei in die Mensur. In dem Moment, in dem der Gegner nach Quart wechselt, stoßen wir Quart Coupée. Absicherung Terz, Nachstoß in Seconde wie oben.

Quarte Coupée gegen den Quartstoß innen

Der Gegner engagiert Quart und stößt Quart innen. Ins Tempo stoßen wir Quarte Coupée. Das Heraustreten aus der Linie, Opposition durch die rechte Hand und Vorbeugen des Oberkörpers zum Schutz des Kopfes sind in diesem Fall besonders wichtig! Der Ausfall kann recht knapp gehalten werden (maximal eine halbe Fußlänge), da uns der Gegner entgegen kommt.

Quarte Coupée mit Finte

Um eine Finte innen anzuzeigen, gibt es mehrere Möglichkeiten:

  1. Wir engagieren Quart, stören den Gegner mit einem knappen Klingenschlag und deuten den Stoß in die Innenseite mit einem Appell an.
  2. Der Gegner hat uns in Terz engagiert, wir stören ihn mit einem knappen Kreisquartschlag und zeigen die Finte mit Appell an.
  3. Der Gegner versucht, uns in Terz zu binden. Ins Tempo wechseln wir in Quart und zeigen die Finte innen an.
  4. Wir engagieren in Quart. Der Gegner wechselt nach Terz. Ins Tempo wechseln wir und zeigen die Finte an.

Wir zeigen also die Finte mit einem Appell an. Der Gegner pariert in Quart. Wir wechseln in die Flanke und stoßen unser Quarte Coupée, sichern Terz, redoublieren in Seconde oder Terz und sichern mit der Halbkreisparade.

Indirekte Riposte nach der Quartparade

Der Gegner stößt Quart innen. Wir parieren mit Quart. Die Riposte deuten wir durch eine knappe Armstreckung an. Wenn der Gegner in die Fechtstellung zurückgeht und dabei unsere Klinge in Quart zu sichert, wechseln wir zur Flanke durch und stoßen unsere Quart Coupée. Absicherung und Nachstoß wie oben mehrfach erwähnt. Wichtig ist, nach der Quartparade bei der Riposte bewusst „ein Tempo zu verlieren“.  Auf diese Art und Weise lässt sich vermeiden, mit der Riposte immer auf der Quartparade des Gegners zu landen.

Quellenlage

Die Quarte Coupée taucht bei allen Autoren auf, von Liancour (1686) über L’Abbat (1696), Girard (1736), Olivier (1771) bis Angelo (1763).

Liancour beschreibt die Quarte Coupée als Aktion gegen Gegner, die unseren Stoß in die Innenseite in Quart mit der Stärke parieren.

Quarte Coupée (Liancour)

Coup coupé nach Liancour

L’Abbat schreibt, die quarte under the wrist solle nur gestoßen werden, wenn der Gegner

  • in Quart engagiert,
  • Quart pariert
  • oder Quart innen stößt.

Girard:  «Le coup de Quarte coupé dessous les Armes se fait de quatre manières»

  1. Aus Quartbindung, gerade Finte innen, Stoß
  2. Aus gegnerischer Terzbindung, Umgehungsfinte innen, Stoß
  3. Gegner wechselt aus Terz- in Quartbindung. Ins Tempo Stoß innen.
  4. Quart Coupée als Reprise nach einem Quartstoß: Nach einem Quartstoß, den der Gegner mit Quart pariert hat, im Aufstehen aus dem Ausfall sich von der Klinge lösen und Quarte Coupée stoßen.
Quarte Coupée (Girard)

Coup de Quarte coupé nach Girard

Angelo beschreibt eine Aktion Coulé de Quarte pour tirer Quarte Basse: Aus dem Terzengagement wird das Handgelenk des Gegners mit einem knappen Klingenschlag gestört, nach Quart gewechselt und ein Stoß zum Gesicht entlang der gegnerischen Klinge angedeutet. In die Quartparade des Gegners stoßen wir Quarte coupée.

Angelo und Girard unterscheiden nicht zwischen der Quarte Basse und der Quarte Coupée. Sie verwenden beide Begriffe synonym. Die Quarte Basse ist aber eher ein Quartstoß in die innere untere Linie mit Opposition nach links, während die Quarte Coupée in die äußere untere Linie zielt. Das sind aber akademische Feinheiten, die in der Praxis keine große Rolle spielen.

Auch die deutsche Schule in der Tradition Kreusslers, die eher auf der italienischen Rapierfechtschule des 17. Jahrhunderts basiert, aber auch durch die französische Schule beeinflusst wurde, kennt die Quarte Coupée. So beschreibt zum Beispiel Johann Adam Karl Roux („Deutsche Fechtkunst“, Jena, 1798) den Stoß unter dem Namen Quart koupée. Der einzige Unterschied zur französischen Schule: Roux lässt nicht aus der Linie treten, sondern mit der linken Hand die gegnerische Klinge nach oben absichern.

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Haltung des Degens nach Roux (1798)

Um die Serie über das Halten des Degens abzuschließen, hier noch ein Abschnitt aus Gründliche und vollständige Anweisung in der deutschen Fecht-Kunst auf Stoß und Hieb von Johann Adam Roux aus Jena. Das Werk ist 1798 erschienen.

„Am besten und bequemsten faßt man den Degen so, daß der Daumen mit dem obern Gliede auf das Kreuz nach der Richtung der Klinge, der Zeigefinger aber auf der entgegengesezten Seite längst den Parirstangen zu liegen kömmt, doch ohne damit am Stichblatt selbst hart anzulehnen: die übrigen drei Finger müssen den Griff fest in sich schließen, und zwar, daß der Knopf seitwärts außer der Faust sieht, damit er bei dem Einbiegen der Faust sich nicht in das Gelenke stemmen kann. Den Zeigefinger hüte man sich zwischen dem Stichblatt und den Parirstangen durchzustecken, weil man ihn währenden Fechtens bei Legaten und Battuten des Feindes leicht brechen könnte. Uebrigens gewöhne man sich, dieser Art, den Degen zu halten, unter dem Fechten unverändert getreu zu bleiben, immer einen gleichfesten Schluß der Finger damit zu verbinden, und ihn nie spielend in der Hand herumzuwenden.“

Auch bei Roux findet sich der Hinweis, auf gar keinen Fall die Finger durch die Parierstangen zu stecken. Der Zeigefinger wird auch bei ihm an der Parierstange angelegt und hat praktisch keinen Kontakt mit dem Stichblatt.

Haltung des Hofdegens nach Danet (1788)

Ich habe mir heute zum ersten Mal L’Art des Armes von Guillaume Danet angesehen. Das Buch ist 1766  als Antwort auf Angelos L’Ecole des Armes  erschienen  und nach einiger Kritik durch andere französische Meister 1788 in überarbeiteter Form veröffentlich worden.

Danet schreibt unter Manière de tenir l’Epée:

Pour tenir avantageusement l’épée, il faut que la poignée se trouve entre le thénar & l’hypothénar, & le pommeau à la naissance de la main; que le pouce soit allongé jusqu’à la distance d’environ douze lignes de la coquille sur le plat de la poignée; qu’en même temps le milieu de l’index se place dessous la poignée près de la coquille; que la poignée soit étroitement embrassée par le doigt majeur, & encore serrée contre le thénar vers le pommeau, par l’annulaire & l’auriculaire; mais il ne faut serrer la poignée que dans l’instant seulement que vous tirez, ou que vous parez; parceque les muscles du pouce, de l’index & du doigt majeur s’engourdissent promptement, au lieu qu’il n’en est pas de même de ceux qui font agir le petit doigt & l’annulaire.

Il est des occasions où il convient de lâcher ces deux doigt pour faciliter l’exécution de certains coups. J’aurai attention de vous en prévenir quand il le faudra.

Frei übersetzt:

Um den Degen vorteilhaft zu halten, muss sich der Griff zwischen Hand- und Daumenballen und der Knauf am Handansatz befinden; der Daumen muss ausgestreckt bis circa zwölf Lignes von der Coquille auf dem Flachstück des Griffs sein; gleichzeitig muss die Mitte des Zeigefingers unter dem Griff nahe der Coquille platziert werden; der Griff muss vom Mittelfinger eng umfasst und von Ring- und kleinem Finger gegen den Ballen gepresst werden; aber man darf den Griff nur im Augenblick des Stoßes oder der Parade anpressen; denn die Muskeln von Daumen, Zeige- und Mittelfinger ermüden schnell, was nicht auf die Muskeln zutrifft, die auf den kleinen und den Ringfinger wirken. 

Es gibt Gelegenheiten, wo es sich empfiehlt, die beiden Finger zu entspannen, um die Ausführung bestimmter Stöße zu erleichtern. Ich werde Euch darauf aufmerksam machen, sollte das notwendig sein.

Anmerkungen:

  • Eine ligne (Linie) entspricht 0,226 cm. Zwölf lignes sind ein pouce (Daumen), also 2,712 cm.
  • Die Coquille ist das Stichblatt des Hofdegens, das meist in Form einer Muschel gestaltet war. Die Glocke des Degens heißt in Frankreich heute immer noch so.
  • Vielen Dank an Patrice S. aus Friedrichshafen für seine Hilfe bei der Übersetzung!

Die Haltung des Hofdegens

Wie hält man den Hofdegen eigentlich richtig? Diese Frage stellt sich jedem, der zum ersten Mal eine historische Waffe in der Hand hat. Die Quellen sagen über die korrekte Handhaltung nicht sehr viel aus. Olivier schreibt unter der Überschrift How to hold the Sword:

 „In order to hold a sword well, the hilt must be flat in your hand, your thumb stretched and at an inch distance from the shell, the pummet under your wrist. Never keep the sword fast in your hand, but when you parry or thrust. For, if you hold it always with strength, the muscle of your thumb will soon grow stiff.“

Auf deutsch:

„Um den Degen richtig zu halten muss das Gehilz flach in der Hand liegen, der Daumen ist ausgestreckt und in einem Zoll (2,5 cm) Abstand vom Stichblatt, der Knauf unter dem Handgelenk. Halte den Degen niemals fest in deiner Hand außer bei der Parade und beim Stoß. Denn wenn du ihn immer mit Kraft festhälst, wird dein Daumenmuskel schnell steif werden.“

Der meiner Meinung nach wichtigste Punkt dabei ist, dass zwischen der Hand und dem Stichblatt gut ein- bis eineinhalb Finger breit Abstand bleibt. Wenn man die Stiche von Angelo vergrößert, kann man das sehr schön erkennen:

Handhaltung bei der Flanconnade

Handhaltung bei der Flanconnade (nach Angelo)

Es wird also nicht, wie beim Florett mit französischem Griff üblich, das letzte Fingerglied des Zeigefingers an die Glocke angelegt.

Handhaltung beim Stoß in Quart

Handhaltung beim Stoß mit der Hand in Quart (nach Angelo)

Die Finger werden auch nicht durch die Fingerbügel gesteckt, wie beim italienischen Griff üblich. Bei vielen Hofdegen aus dem 18. Jahrhundert ist das gar nicht mehr möglich, da die Öffnungen der Fingerbügel sehr klein sind. Aber selbst wenn man dünne Finger hat, die durch die Bügel passen, sollte man davon absehen. Die Verletzungsgefahr bei Entwaffnungsaktionen ist nämlich sehr groß. Daher beim Üben von Entwaffnungsaktionen bitte immer vorher vergewissern, wie der Partner – nicht Gegner! – die Waffe hält!

Ob man den Zeigefinger unterhalb der Parierstange am Griff behält oder an der Parierstange anlegt, muss jeder für sich selbst herausfinden. Wichtig ist, dass die Parierstange, wenn man den Arm ausstreckt und die Hand in Quart dreht, waagrecht steht.

Diese Informationen stammen aus

  • Olivier: Fencing Familiarized, or A New Treatise on the Art of Sword-Play, 1771
  • Domenico Angelo: L’École des Armes, 1763

Pronation oder Supination?

Die französische Hofdegenschule kennt zwei Faustlagen: Supination und Pronation. Bei der Supination zeigt der Handrücken nach unten. Diese Lage wird Quart (franz. quarte, engl.: carte) genannt. In der Pronation oder Terz (franz. tierce, engl. tierce) zeigt der Handrücken nach oben. Aus diesen Faustlagen leiten sich alle Stöße (und Paraden) ab. So wird der Supinationsstoß in die obere Linie auch als Quartstoß (franz. coup de quarte, engl. thrust in carte), der Pronationsstoß in die obere Linie als Terzstoß (coup de tierce, thrust in tierce) bezeichnet.

Das moderne Sportfechten kennt meist nur eine Faustlage. Durch die orthopädischen Griffe ist eine volle Drehung der Hand praktisch nicht mehr notwendig. Die Mehrzahl der Aktionen werden aus der dritten beziehungsweise der dritten-in-vierten Position ausgeführt. Dem Sportechter, der zum Hofdegen greift, stellt sich daher häufig die Frage: Pronationsstoß oder Supinationsstoß? Wann stoße ich Terz, wann Quart?

Liancour erwähnt eine Grundregel: Stöße in die obere äußere Linie werden in Terz ausgeführt. Stöße in die innere obere Linie in Quart. Stöße in die unteren Linien in Seconde. Das ist für ihn allerdings keine absolute Regel, und er nennt gleich eine Ausnahme: Nach der Finte in die innere Blöße mit Umgehung der Quartparade lässt er den Stoß in die äußere obere Linie in Supination ausführen (coup de quarte dessus les armes). Der Vorteil des Supinationsstoßes liegt für ihn in der geraden Linie, die schwerer zu parieren ist. Der Pronationsstoß ist in der Opposition zwar stärker, aber aufgrund des Winkels zwischen Handgelenk und Klinge auch schwerer zu justieren. Da der Fechter beim Stoß nach der Finte ein Tempo Vorsprung hat, ist kein Gegentreffer zu erwarten und daher der Supinationsstoß vorzuziehen. [1]

Girard hält sich an diese Grundregel. In seiner Aufzählung der fünf Grundstöße wird der Supinationsstoß in die obere äußere Linie (quarte dessus les armes) nicht erwähnt:

  • coup de tierce in die obere äußere Linie
  • coup de quarte in die obere innere Linie
  • coup de quarte coupé oder quarte basse in die untere äußere Linie
  • coup de seconde in die untere Linie
  • flanconnade in die untere äußere Linie.

Die Terzdoppelfinte [2] und die Finte in Seconde [3] lässt Girard aber ebenfalls mit einem Supinationsstoß abschließen.

quarte coupé

Angelo fügt einen weiteren Stoß den Grundstößen hinzu: den Stoß in Quart über die Waffe (coup de quarte sur les armes, thrust in carte over the arm, dt. auch Quart über den Arm (J. A. Roux)). Die Finte in die obere innere Blöße mit Stoß in die obere äußere Linie lässt er wie von Liancour empfohlen in Quart ausführen. Die Finte Seconde-Terz wird dagegen in Pronation ausgeführt [6].

Carte over the arm

Olivier geht noch einen Schritt weiter: Der Terzstoß wird niemals als Angriff verwendet, sondern ausschließlich nach einer Terzparade [4]. Stöße in die obere äußere Linie sind in Quart auszuführen. Selbst nach der Finte in Seconde lässt er den Stoß in die obere Linie in Quart ausführen [5].

Der Vollständigkeit halber sei hier noch die moderne italienische Fechtschule erwähnt: Obwohl die Terzparade und die Terzbindung noch verwendet werden, werden die Stöße in die oberen Linien immer mit der Hand in der vierten Position, also in Supination, ausgeführt. Nur Stöße in die untere äußere Linie werden mit der Hand in der zweiten (Pronation) ausgeführt. [7]

Fazit

Die Quellen lassen vermuten, dass die Terz im Laufe der Zeit (1692-1740-1763-1771) zu Gunsten der Quart an Bedeutung verloren hat. Von Olivier ist es nur noch ein kleiner Schritt, bis auch die Terzparade der parade de quarte au dehors des armes (der äußeren Quartparade) weichen muss, die in der klassischen französischen Florettschule später Sixte genannt wird. Nur die italienische Fechtschule, die noch länger das ernste Duell im Fokus hat, hält bis ins 20. Jahrhundert an der Terz fest.

Was ist das Fazit für den Umsteiger aus dem Sportfechten? Der Supinations- oder Quartstoß kann in die innere wie in die äußere obere Linie gesetzt werden, der Pronations- oder Terzstoß nur in die äußere obere Linie. Der Quartstoß ist vielseitiger und einfacher in der Ausführung. Da die Terzparade aber eine sehr starke Parade ist und ein Wechsel der Faustlagen für die Riposte unnötig Zeit verbraucht, sollte man den Terzstoß nicht vernachlässigen. Als Kompromiss kann man es wie Olivier halten: Terzstoß nach Terzparade, aber Angriffe in Quart.

[1] Liancour, Kapitel V
[2] Girard, S. 49: Double feinte de tierce pour tirer tierce dehors les armes
[3] Girard, S. 62: Feinte basse pour tirer de quarte dessus les armes ou tierce
[4] Olivier, S. 47: How to thrust Tierce
[5] Olivier, S. 65: Of the Feint Seconde-Carte over the Arm
[6] Angelo, Partie 2: Du jeu décisif, Chapitre 1: Des feintes
[7] William Gaugler: Fechten, Zweite Auflage 2004